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Verlässlichkeit von Bitcoin als Zahlungsmittel, Gefahr der Rückforderung


roemer

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Ich frage mich, wie häufig in der Realität eigentlich die Rückforderung von gestohlenen Bitcoin ist.

Sachenrechtlich betrachtet ist ja das Problem, dass Bitcoin kein Geld iSd. § 935 S. 2 BGB darstellen, wonach der gutgläubige Erwerb von Eigentum an Geld selbst dann möglich wäre, wenn diese abhanden gekommen ist, also z.B. gestohlen wurde. Das gilt für Bitcoin also zunächst mal nicht.

Schaut man in die Literatur, dann sind Bitcoin nicht dem Geld zuzuordnen. Es fehlt schon an der hierfür erforderlichen staatlichen Anerkennung. Da der Besitz an Bitcoin faktisch vermittelt wird und es auf Grund der Besonderheit des Schaffungsprozesses an der Hinterlegung mit einer Forderung fehlt, die ihrerseits auf ein gesetzliches Zahlungsmittel zurückgeführt werden kann, sind die einzelnen Währungseinheiten völlig von gesetzlichen Zahlungsmitteln und damit von einer gesetzlichen Anerkennung entkoppelt.

Auch die Charakterisierung des Bitcoin als E-Geld scheitert daran, dass § 1a Abs. 3 ZAG ausdrücklich eine Forderung gegen einen Emittenten voraussetzt, woran es bei Kryptowährungen gerade fehlt.

Letztlich sind Bitcoin aber auch keine Sachen iSv. § 90 BGB, da die Währungseinheiten trotz Speicherung der Transaktionshistorie und der privaten Schlüssel zur Wallet auf einem Datenträger keine Körperlichkeit aufweisen. Weder an der Kryptowährung selbst, noch an deren Währungseinheiten kann – anders als an Bargeld – Sacheigentum bestehen.

Daher nun die Frage in die Runde: Hat das alles bei einem von Euch schon mal eine Rolle gespielt?

Hat z.B. jemand schon mal Geld in Coins getauscht und dann hat die irgendeiner zurückgefordert, ohne dass Ihr Euer Geld zurück bekommen habt? Vermutlich nicht, da die Kette an Inhabern ja anonym ist, aber ich möchte trotzdem diese Frage mal gestellt haben.

Oder hat jemand Ware gegen Coins verkauft und musste dann die Coins zurück übertragen, bekam aber die Ware nicht zurück?

 

Ich bin auf eine Diskussion zu diesem Thema gespannt. Das Thema interessiert mich besonders auch vom juristischen Standpunkt.

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vor 12 Minuten schrieb roemer:

Ich frage mich, wie häufig in der Realität eigentlich die Rückforderung von gestohlenen Bitcoin ist.

Sachenrechtlich betrachtet ist ja das Problem, dass Bitcoin kein Geld iSd. § 935 S. 2 BGB darstellen, wonach der gutgläubige Erwerb von Eigentum an Geld selbst dann möglich wäre, wenn diese abhanden gekommen ist, also z.B. gestohlen wurde. Das gilt für Bitcoin also zunächst mal nicht.

Schaut man in die Literatur, dann sind Bitcoin nicht dem Geld zuzuordnen. Es fehlt schon an der hierfür erforderlichen staatlichen Anerkennung. Da der Besitz an Bitcoin faktisch vermittelt wird und es auf Grund der Besonderheit des Schaffungsprozesses an der Hinterlegung mit einer Forderung fehlt, die ihrerseits auf ein gesetzliches Zahlungsmittel zurückgeführt werden kann, sind die einzelnen Währungseinheiten völlig von gesetzlichen Zahlungsmitteln und damit von einer gesetzlichen Anerkennung entkoppelt.

Auch die Charakterisierung des Bitcoin als E-Geld scheitert daran, dass § 1a Abs. 3 ZAG ausdrücklich eine Forderung gegen einen Emittenten voraussetzt, woran es bei Kryptowährungen gerade fehlt.

Letztlich sind Bitcoin aber auch keine Sachen iSv. § 90 BGB, da die Währungseinheiten trotz Speicherung der Transaktionshistorie und der privaten Schlüssel zur Wallet auf einem Datenträger keine Körperlichkeit aufweisen. Weder an der Kryptowährung selbst, noch an deren Währungseinheiten kann – anders als an Bargeld – Sacheigentum bestehen.

Daher nun die Frage in die Runde: Hat das alles bei einem von Euch schon mal eine Rolle gespielt?

Hat z.B. jemand schon mal Geld in Coins getauscht und dann hat die irgendeiner zurückgefordert, ohne dass Ihr Euer Geld zurück bekommen habt? Vermutlich nicht, da die Kette an Inhabern ja anonym ist, aber ich möchte trotzdem diese Frage mal gestellt haben.

Oder hat jemand Ware gegen Coins verkauft und musste dann die Coins zurück übertragen, bekam aber die Ware nicht zurück?

 

Ich bin auf eine Diskussion zu diesem Thema gespannt. Das Thema interessiert mich besonders auch vom juristischen Standpunkt.

Studere!

https://telc.jura.uni-halle.de/sites/default/files/BeitraegeTWR/Heft 162_1.pdf

...Deine eingehenden Erläuterungen sind einerseits sehr theoretisch/wissenschaftlich angehaucht, Deine Fragen zur Praxis hingegen etwas realitätsfremd und teils im Widerspruch zu Deinen Erläuterungen. Auf welcher Grundlage soll denn jemand Coins zurücktransferieren müssen (Du weißt aber schon, dass Du nicht wirklich Coins transfersierst?) und dann seine Ware nicht zurückerhalten? Solche Geschäfte laufen i. d. R. andersrum, oder überweist Amazon Dir Dein Geld zurück, bevor Du die Ware zurückgeschickt hast? Und da Kryptowerte (nicht Währungen!) keine Zahlungsmittel sind wird i. A. BGB §480 gelten, Du hast letztlich einen Tauschhandel vollzogen.

Gute Nacht! 🙂

 

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Wenn man jemandem ein gestohlenes Auto abkauft, muss man dieses wieder hergeben. Und man bekommt sein Geld nicht zurück.

Verkauft man das Auto weiter ohne zu wissen, dass es gestohlen wurde, dann hat der weitere Käufer das Problem der Rückforderung.

Ist der Verbleib des gekauften Diebesgut-Autos unbekannt, kann es zwar zurück gefordert werden, kann jedoch nicht ausgehändigt werden.

 

Nun das Ganze mit Bitcoin: Kaufst du auf einer Exchange Bitcoin, dann lassen sich diese nicht zurückfordern. Der Dieb hatte seine Bitcoin bei der Exchange eingezahlt und es ist überhaupt nicht nachvollziehbar an wen diese eingezahlten Bitcoin transferiert wurden.

Kauft man Diebesgut-bitcoin auf der Straße und hat diese noch in seiner Wallet eindeutig zuordnbar, dann können die zurückgefordert werden.

Allerdings kann man auch sagen "sorry, hab meine Walletzugangsdaten verloren", somit kann zwar "gefordert" aber nicht "ausgehändigt" werden.

 

Diese "Rückforderungen" laufen in der Kryptowelt zu 99% ins Leere.

 

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Also theoretisch, aus dem Sachenrecht heraus, wird's bestimmt schwierig. Ich neige bei der Anspruchsprüfung auf Rückübertragung eher zum "sonstigen Recht" des § 823 BGB, wobei dann der Vorgeschichte eine ganz erhebliche Rolle zukommt.

Praktisch gibt es kaum Fälle, aber z.B.
Mt. Gox mit Rückforderung der dort gelagerten*)  Coins nach Insolvenz der Börse. 

Ob jemals nach einer Erpressung (z.B. "Emotet") die bezahlten Bitcoin oder zumindest ein Wertausgleich zurückverlangt wurde, wäre auch interessant, ist mir aber nicht bekannt. 

Dann gibt es ja den Kemptener Fall, der letzte Woche durch die Medien ging. Dort wurden fremde Rechner zum minen verwendet. Da sollten nach meiner Einschätzung die (durch Stromkosten und eventuell Verschleiß) geschädigten Computerbesitzer wenigstens einen Anspruch auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung gem. §§ 823 ff. BGB haben. Ich würde sogar die erzeugten Bitcoin beanspruchen.
Stattdessen heißt es von der STA: "Der Erlös fließt dann in die Staatskasse. Durch den Betrug hat laut Staatsanwaltschaft niemand einen Vermögensschaden erlitten, es gibt also keine Geschädigten im eigentlichen Sinne. Der Täter hatte lediglich die Computer der Geschädigten per Schadsoftware zum Bitcoin-Mining (Ausrechnen neuer Bitcoin-Einheiten) missbraucht, die ihm dann selbst zugeflossen sind."
Quelle: https://www.all-in.de/kempten/c-polizei/staatsanwaltschaft-kempten-kommt-nicht-an-bitcoins-im-wert-von-50-millionen-euro-ran_a5103926

 

Dann schaue dir die AGB von Bitcoin.de an: Wenn Coins per SEPA-Überweisung gehandelt werden, dann hat Bitcoin.de eine Sicherung eingebaut in dem Sinne, dass die verkauften Coins erst dann in die Wallet des Käufers übertragen werden, wenn der Verkäufer den SEPA-Eingang an Bitcoin.de bestätigt hat. Bis dahin "blockt" Bitcoin.de die Coins, so dass sich die Frage einer Anspruchsbegründung praktisch nicht stellt.
Damit vermeidet Bitcoin.de die juristische Einordnung von Coins als Sache oder Vermögenswert und sichert gleichzeitig sowohl Käufer als auch Verkäufer ab.

 

Du hattest ja kürzlich an anderer Stelle zur Rückabwicklung eines Uhrenkaufs geschrieben, dessen Bezahlung mit Bitcoin erfolgte mit der Frage, ob dann die Kaufpreisrückzahlung in Krypto zum Tagespreis erfolgen muss oder erfolgen kann. Da denke ich, dass die Erstattung in Euro i.H.d. Kaufpreises praxisgerecht wäre und dies unbedingt in den AGB des Händlers so aufgenommen werden sollte. Aber ohne AGB - ja, dann wird's interessant, vor allem, wenn der Bitcoin-Kurs erheblich gestiegen und damit den Wert der Uhr erheblich überstiegen hat...😎
 

 

*)"Gelagert" natürlich in der Blockchain, aber die Schlüssel für die Herrschaft über die Coins liegen bei der Börse.

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  • 1 Monat später...
Am 7.2.2021 um 23:38 schrieb Peer_Gynt:

Du hattest ja kürzlich an anderer Stelle zur Rückabwicklung eines Uhrenkaufs geschrieben, dessen Bezahlung mit Bitcoin erfolgte mit der Frage, ob dann die Kaufpreisrückzahlung in Krypto zum Tagespreis erfolgen muss oder erfolgen kann. Da denke ich, dass die Erstattung in Euro i.H.d. Kaufpreises praxisgerecht wäre und dies unbedingt in den AGB des Händlers so aufgenommen werden sollte. Aber ohne AGB - ja, dann wird's interessant, vor allem, wenn der Bitcoin-Kurs erheblich gestiegen und damit den Wert der Uhr erheblich überstiegen hat...😎
 

Ist dort in § 4 genau so aufgenommen: https://www.uhrzeit.org/agb.php 

Alles andere würde eine Währungsabsicherung unter Mißbrauch des Rücksenderechts bedeuten. Ich kenne aber viele andere Shops, die das übersehen haben.   Wie es Tesla wohl macht, wenn man dort nun ein Auto online kauft und mit Coins bezahlt? Zumal die ja die Coins angeblich nicht wechseln!    Dort wäre Währungsabsicherung dann faktisch möglich. 

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